MUSICA OBLITA

Danzi            Eberl            Romberg             Wilms            Neukomm            Spohr             Onslow            Ries            Fesca            Kalliwoda                 Impressum

Zurück zum Verzeichnis

Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 24

Ferdinand Ries' einziges Violinkonzert ist eines der wenigen größeren Orchesterwerke des Komponisten, das nicht zu seinen Lebzeiten im Druck erschien. Erst um 1885, knapp 50 Jahr nach seinem Tod, wurde es in einer Bearbeitung seines Neffen Franz Ries (1846-1932) in dessen 1881 gegründetem Verlag herausgegeben, und zwar in Stimmen, Klavierauszug und in einem Arrangement des zweiten Satzes für Violine oder Flöte und Klavier. Bislang galten alle Quellen für das Werk außer dem Klavierauszug als verschollen.[ 1 ] Im Archiv des Verlages Ries & Erler befinden sich aber Fotokopien zweier kompletter Stimmsätze und eines zusätzlichen Stimmsatzes des zweiten Satzes in Manuskript, sowie neben dem Klaviersauszug auch die Soloviolin-Stimme des von Franz Ries besorgten Druckes. Die Originale der Manuskript-Stimmsätze gehören heute zum Bestand der Staatsbibliothek Berlin-Preußischer Kulturbesitz.[ 2 ]

Außer Ort und Jahr (Bonn 1810) ist nichts über die Umstände der Entstehung bekannt; selbst in dem umfangreichen Briefwechsel, der im Druck vorliegt, findet das Konzert keine Erwähnung.[ 3 ] Eine nicht zu datierende weitgehende Umarbeitung des Werkes legt den Schluss nahe, dass Ries mit der ersten Fassung von 1810 nicht zufrieden war, und sich eine spätere Umarbeitung vorbehalten wollte; dies ist umso wahrscheinlicher, als er für sein kurz zuvor komponiertes erstes größeres Orchesterwerk, seine erste Symphonie (D-Dur op. 23), weder Schwierigkeiten hatte, einen Verleger zu finden, noch es dem im damaligen Deutschland bekanntesten Orchester, dem des Gewandhauses in Leipzig, zur Aufführung anzudienen. 

Eine Aufführung des Violinkonzerts - wahrscheinlich die Uraufführung - fand unter Mitwirkung des Komponisten am 15. Dezember 1810 in Bonn statt; Ries' Vater Franz übernahm den Part der Solovioline.[ 4 ] Ob es sich bei dieser Aufführug um die erste Fassung oder die Umarbeitung gehandelt hat, muss unentschieden bleiben; es könnte aber sein, dass die Erfahrungen mit dieser Aufführung Ries dazu bewogen haben, das Werk vorerst nicht zu veröffentlichen und einer grundlegenden Überarbeitung zu unterziehen. Über weitere Aufführungen ist nichts bekannt. 

Das Violinkonzert entstand in einer für Ries schwierigen Phase seiner Karriere; nach gescheiterten Versuchen, sich in Paris (1807) und Wien (1808/09) als Komponist und Pianist zu etablieren, und vergeblichen Bemühungen um den Kapellmeisterposten am Hof des Königs von Westfalen in Kassel, hatte er sich im Juli 1809 dem Einzug zum österreichischen Militär durch Flucht zu seinem Vater nach Godesberg nahe seiner Heimatstadt Bonn entzogen. Dort komponierte er seine ersten größeren Orchesterwerke; Ende 1810 tritt Ries eine große Konzertreise nach Russland an, die ihn - wiederum durch kriegsbedingte Wirren vertrieben - schließlich im April 1813 nach London führt. Dort gelang es ihm, als Komponist und Klavierlehrer zu reüssieren.

Bert Hagels

[ 1 ] Vgl. Cecil Hill, Ferdinand Ries. A Thematic Catalogue, Armidale Australia 1977, p. 21: "Only copies of the pianoforte reduction have been located."
[ 2 ] Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Dr. Helmut Hell.
[ 3 ] Ferdinand Ries, Briefe und Dokumente, bearbeitet von Cecil Hill, Bonn 1982. Allerdings liegt gerade aus dem fraglichen Jahr 1810 kein Brief vor; vgl. ebd. S. 77f.
[ 4 ] Anzeige im Wochenblatt des Bönnischen Bezirks; vgl. Theodor Anton Henseler, Das musikalische Bonn im 19. Jahrhundert (= Bonner Geschichtsblätter Band XIII), Bonn 1959, S. 30. Das Konzert brachte ausschließlich Kompositionen von Ferdinand Ries zu Gehör, unter anderem: "Großes Violinkonzert, von Ries Sohn, vorgetragen von Ries Vater"; unter den gegebenem Umständen kann es sich nur um op. 24 gehandelt haben.

Home        

Danzi            Eberl            Romberg             Wilms            Neukomm            Spohr             Onslow            Ries            Fesca            Kalliwoda                 Impressum