MUSICA OBLITA

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Friedrich Ernst Fesca (1789-1826)

Friedrich Ernst Fesca wuchs in einer musikliebenden Umgebung auf; sein Vater Johann Peter August (1756-1811), von Beruf "Ober-Secretair"[ 1 ] bei der Stadtverwaltung in Magdeburg, spielte Klavier und Violoncello und nahm aktiv am bürgerlichen Musikleben Magdeburgs Teil; seine Mutter Mariane (das Geburtsjahr ist unbekannt), geborene Podleska, hatte eine Gesangsausbildung bei Johann Adam Hiller in Leipzig genossen und war, bevor sie 1784 heiratete, mit diesem auf Konzertreisen durch Europa getourt. 

Friedrich Ernst Fesca (1789-1826)Der junge Friedrich Ernst wurde von seinen Eltern im Klavierspiel und Gesang unterrichtet; seine Ausbildung zum Violonvirtuosen begann 1798 bei dem Vorgeiger des Magdeburger Theaterorchesters, Lohse, von dem nichts weiter bekannt ist.[ 2 ] Bereits im Alter von 11 Jahren debutierte Fesca als Violinvirtuose in seiner Heimatstadt und trat in der Folge in den dortigen Konzerten der Freimaurerloge auf; etwa gleichzeitig erhielt er ersten Theorieunterricht bei Johann Friedrich Zachariae, später bei Friedrich Adolph Pitterlin, beides bestimmende Figuren im Magdeburger Musikleben. 

Offenbar begann Fesca in dieser Zeit mit der Komposition von Streichquartetten; denn als Louis Spohr auf einer seiner Konzertreisen im Jahr 1804 Magdeburg besuchte und einer Einladung zu einer "Musikpartie bei Herrn Kammersekretär Fesca" Folge leistete, lobte er ein Quartett von dessen Sohn: es "ist sehr gut gearbeitet und zeugt von großem Talent."[ 3

Obwohl Spohr von Fescas Fähigkeiten als Violinvirtuose weniger überzeugt war (es fehle ihm "an einer gewandten, geregelten Bogenführung, daher an einem guten Ton und Deutlichkeit der Passagen"[ 4 ]), lud er ihn ein, in seinem zweiten Magdeburger Konzert am 10. November 1804 mitzuwirken. 

Im Juni 1805 siedelte Fesca nach Leipzig über, um seine Ausbildung beim dortigen Thomaskantor August Eberhard Müller (1767-1817) fortusetzen, der ihn u.a. mit den Kantaten J. S. Bachs bekannt machte. Er begann (heute verlorene) Violinkonzerte zu komponieren, von denen eines in e-Moll im Herbst 1805 im Leipzger Gewandhaus aufgeführt wurde, bekam eine Anstellung im Gewandhausorchester und machte sich als Quartettspieler einen Namen. 

Im Februar 1806 verpflichtete Herzog Peter Friedrich Ludwig von Oldenburg, anlässlich eines Besuches in Leipzig von Fescas Violinspiel begeistert, den jungen Violinisten für seine "Kammermusik", einem zu dieser Zeit siebenköpfigen Ensemble, dem die Aufgabe oblag, die Hofkonzerte im herzoglichen Schloss zu bestreiten. Gleichzeitig nahm Fesca in Oldenburg die Gelegenheit wahr, sich erneut als Solist zu profilieren: am 24. März 1806 führte er wiederum ein eigenes Violinkonzert auf. 

Die politischen Ereignisse bereiteten jedoch Fescas Oldenburger Engagement ein jähes Ende; im Lauf des Jahrs 1806 besetzte König Louis von Holland, ein Bruder Napoléons, Ostfriesland und das Herzogtum Oldenburg; der Herzog musste fliehen und kam erst im Januar des folgenden Jahres in seine Residenzstadt zurück; die Lage blieb jedoch weiter unsicher, 1810 erfolgte die Annexion durch Frankreich. 

Angesichts dieser Unwägbarkeiten nimmt es nicht Wunder, dass Fesca sich nach einer Anstellung umsah, die größere Sicherheit versprach. Diese fand er als Sologeiger der Hofkapelle von Jérôme Bonaparte, dem Regenten des von Napoléon im Jahr 1807 neugegründeten Königreichs Westphalen in Kassel. Den Grundstock der Kapelle bildete die ehemalige herzogliche Kapelle aus Braunschweig, Louis Spohrs früherer Heimstatt, die durch einheimische und auswärtige Musiker ergänzt wurde. Als Kapellmeister wurde der umtriebige Johann Friedrich Reichardt verpflichtet, und, als dieser nach nicht einmal einem Jahr seinen Dienst in Kassel quittierte, bemühte man sich, den mittlerweile berühmten Beethoven aus Wien für die Stelle zu gewinnen. 

Fesca nutzte eine Reise in seine Vaterstadt Magdeburg, um Verbindung nach Kassel aufzunehmen; es gelang ihm, bei Hofe vorspielen zu dürfen, und er wurde eingestellt und galt alsbald als "der beste Violinist in Kassel".[ 5 ] Doch schon in den Jahren 1810/11 machten sich erste Symptome einer Lungenerkrankung bemerkbar, die ihn für nahezu zwei Jahre zwangen, auf öffentliche Auftritte zu verzichten.[ 6 ] Dafür entfaltete er im folgenden Jahr eine umso reichhaltigere Tätigkeit: In die Konzertsaison 1812/13 fällt - neben verschiedenen Auftritten als Solist, anlässlich deren Fesca Konzerte von Spohr spielte - die Uraufführung seiner ersten beiden Sinfonien. 

Auch als Komponist von Streichquartetten hatte er sich in den bürgerlichen Quartettzirkeln Kassels mittlerweile etabliert. Fescas Stellung hatte sich auch materiell inzwischen so gefestigt, dass er im Mai 1812 Charlotte Dingelstedt, Tochter des Hornisten Johann Heinrich Dingelstedt, heiraten konnte; der Ehe entstammen vier Söhne, von denen der zweitälteste, Alexander (1820-1849), sich später als Pianist und Komponist einen Namen machte. Friedrich Rochlitz, der erste Biograph Fescas, bezeichnete die Kasseler Jahre als die glücklichsten in Fescas Leben.[ 7

Doch erneut erforderten politische Ereignisse eine berufliche Neuausrichtung: nachdem 1812 Napoléons Feldzug nach Russland gescheitert war, stand seine gesamte Machtbasis im deutschsprachigen Raum in Gefahr, mithin auch das von seinem Bruder regierte Königreich Westphalen. Schon Anfang 1813 bereitete sich der Hof in Kassel auf eine möglicherweise notwendig werdende Flucht vor; die Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 brachte das endgültige Aus; Jérôme floh vor den anrückenden Kosaken, und im November zog der 1807 davongejagte Kurfürst in Kassel ein. Die königliche Hofkapelle wurde aufgelöst. 

Fesca hatte jedoch vorgesorgt: bereits im Spätsommer hatte er Kontakt zum Großherzoglichen Hoftheater in Karlsruhe aufgenommen und sich erfolgreich als Aspirant der dort neueingerichteten Planstelle eines Sologeigers ins Gespräch gebracht. Die verbleibende Zeit bis zum Antritt seiner neuen Stelle im April 1814 nutzte Fesca für eine Reise nach Wien, um seinen Bruder jüngeren Carl August zu besuchen und um sich und seine Kompositionen bei Publikum und Verlegern der Donaumetropole bekannt zu machen. 

Er trat mit Streichquartetten und -quintetten in privaten Kammermusikzirkeln auf, offenbar mit Erfolg, wie der gleichzeitig in Wien anwesende Louis Spohr in seinen Lebenserinnerungen berichtet: 

Fesca [...] hatte sowohl als Komponist wie als Geiger große Fortschritte gemacht. Seine Quartetten und Quintetten, von ihm rein, fertig und mit Geschmack vorgetragen, gefielen sehr in Wien und fanden bei den dortigen Verlegern guten Absatz.[ 8

Tatsächlich erschienen in den folgenden Jahren erstmals Werke von Fesca bei den Wiener Verlegern P. Mecchetti und S. A. Steiner im Druck, darunter 1818 seine erste Sinfonie op. 6. 

Zurückgekehrt nach Karlsruhe stieg er alsbald vom Sologeiger zum Konzertmeister auf. Doch schon 1816 machte sich erneut das Lungenleiden bemerkbar; Fesca war gezwungen, um Urlaub nachzusuchen, den er auch erhielt und im Sommer antrat. Seine Krankheit hinderte ihn indes nicht zu komponieren; in diesen Sommermonaten entstand seine dritte Sinfonie

Neben den Pflichten in der Hofkapelle engagierte sich Fesca auch, soweit es sein Gesundheitszustand erlaubte, als Dirigent der Konzerte der bürgerlichen Konzertvereinigung Museumsgesellschaft; er galt bereits 1817 als "die Zierde nicht blos unseres Orchesters, sondern überhaupt der hiesigen Musik"[ 9 ], wie Alexander von Dusch, der Librettist von Fescas Oper Cantemire, als Karlsruher Korrespondent der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung feststellt. 

Als Komponist hatte sich Fesca in der Öffentlichkeit endgültig durchgesetzt. Seine Werke erschienen nunmehr in den namhaften Leipziger Verlagen C. F. Peters, Breitkopf & Härtel und Hofmeister, sie wurden von der Fachpresse zumeist sehr positiv rezensiert, und kein Geringerer als Carl Maria von Weber nahm Fescas Streichquartette zum Anlass, in einem umfangreichen Essay[ 10 ] Grundsätzliches zur Gattung zu äußern. 

Im Frühjahr 1821 brach Fescas Krankheit erneut mit einer Heftigkeit aus, dass um sein Leben gefürchtet werden musste; er erholte sich indes noch einmal, blieb aber so geschwächt, dass er seinen Pflichten im Hoforchester nicht mehr nachkommen konnte. Mehrere in den folgenden Jahren vollzogene Kuren in Baden, Koblenz und Bad Ems vermochten den Verfall seiner Gesundheit nicht aufzuhalten; er starb am 24. Mai 1826 im Alter von 37 Jahren.

Bert Hagels
Sinfonie Nr. 1 Es-Dur op. 6: Ries & Erler, Berlin

CD: NDR Radiophilharmonie Hannover/Frank Beermann; cpo

Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 10: Ries & Erler, Berlin
CD: NDR Radiophilharmonie Hannover/Frank Beermann; cpo
Sinfonie Nr. 3 D-Dur op. 13: Ries & Erler, Berlin
CD: NDR Radiophilharmonie Hannover/Frank Beermann; cpo
Ouvertüre D-Dur op. 41: Ries & Erler, Berlin

CD: NDR Radiophilharmonie Hannover/Frank Beermann; cpo

Ouvertüre C-Dur op. 43: Ries & Erler, Berlin

CD: NDR Radiophilharmonie Hannover/Frank Beermann; cpo

Ouvertüre zur Oper 'Cantemire' op. 19: Ries & Erler, Berlin

CD: NDR Radiophilharmonie Hannover/Frank Beermann; cpo

Ouvertüre zur Oper 'Omar und Leïla' op. 28: Ries & Erler, Berlin

CD: NDR Radiophilharmonie Hannover/Frank Beermann; cpo