MUSICA OBLITA

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Konzert für Klarinette und Orchester B-Dur op. 40

Wie viele Solokonzerte Wilms komponierte, ist kaum abzuschätzen. Im Druck erschienen zwischen etwa 1799 und 1820 sieben Werke, fünf davon für Pianoforte, eins für Flöte und schließlich das vorliegende für Klarinette. Handschriftlich ist ein spätes Concertino für Flöte und Orchester überliefert. Darüber hinaus gibt es aber Belege für heute verschollene Konzertkompositionen, z.B. für zwei Oboenkonzerte, ein Fagottkonzert sowie zwei Cellokonzerte.[1] Es ist indes keineswegs auszuschließen (eher sogar wahrscheinlich), dass Wilms weitere Solokonzerte komponiert hat.

Wilms’ einziges bisher nachweisbares Konzert für Klarinette und Orchester galt lange Zeit als verschollen; von seiner Existenz wusste man indes durch diverse Verlagsanzeigen und Presseberichte sowie die unten zitierte Rezension.[2] Vor einigen Jahren hat der Klarinettist Dieter Klöcker[3] in der Bibliothek des Konservatoriums in Prag ein Exemplar des seiner Zeit im Leipziger Verlag Breitkopf & Härtel erschienenen Stimmdrucks aufgefunden. Die gedruckte Solostimme fehlt, aber zum Konvolut gehört eine handschriftlich verfasste Stimme der Soloklarinette.

Wann Wilms das Konzert komponierte, ist gänzlich unbekannt. Als terminus ante quem der Entstehung lässt sich lediglich das Frühjahr 1815 bestimmen, weil Breitkopf & Härtel zu dieser Zeit das Erscheinen des Stimmdrucks anzuzeigen begann.[4] Ob der Stimmdruck allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits auch tatsächlich erschien, ist fraglich; denn in dem gedruckten Verzeichnis der für den Musikalienhandel wichtigen Leipziger Buchmesse wird er erst für die Ostermesse 1816 angekündigt.[5] Eine kurze Rezension des Stimmdrucks erschien im Juni 1816 in der ebenfalls bei Breitkopf & Härtel erscheinenden Allgemeinen musikalischen Zeitung:

Der lebhafte, heitere Geist, die effectuirende Instrumentation, und die Beweise von Kunsterfahrung überhaupt, die andere Werke dieses fleissigen Componisten auszeichnen, zeichnen auch dies Concert aus. Es besteht aus kurzer, ernster Einleitung und Allegro, beyde aus B dur, C-Takt, das den Concertspieler reichlich, doch nicht mit grossen Schwierigkeiten beschäftigt; einem Adagio, aus Es dur, Zweyvierteltakt, das ihm Gelegenheit giebt das Anmuthige seines Instruments vortheilhaft hervortreten zu lassen, und einer Polonoise, aus B dur, die für ihm mehres Brillante enthält, doch in den Motiven zum Theil mehr Eigenthümliches haben könnte. Das Orchester ist besetzt mit dem Quartett, einer Flöte, zwey Hoboen, zwey Fagotten, zwey Hörnern, Trompeten und Pauken. Die Begleitung ist nicht schwierig.[6]

Bereits am 12. Februar 1816 war in Amsterdam ein Klarinettenkonzert von Wilms erklungen; die zeitliche Nähe zum Erscheinen des Drucks und die Tatsache, dass es keine Belege dafür gibt, dass Wilms weitere Klarinettenkonzerte[7] komponiert hat, lassen vermuten, dass es sich um das vorliegende Konzert handelt. Solist war der erste Klarinettist des Orchesters von Felix Meritis, Philippus Xaverius Christiani (1787-1867). Der Amsterdamer Korrespondent der Allgemeinen musikalischen Zeitung (wahrscheinlich Wilms selbst), berichtet knapp:

Hr. Christiani gab am 12ten Febr. Concert. Er blies ein Concert für die Klarinette von Wilms, doch etwas zu langsam, wodurch das Stück schleppend wurde [...].[8]

In der nächsten Saison (1816/17) erklang Wilms’ Konzert erneut in Amsterdam; diesmal war der Solist Jakob Christoffel Kleine (1785-1832).[9] In der nächsten Saison erklang das Werk auch in Den Haag.[10]

Wilms' Klarinettenkonzert hat offenbar auch Verwendung als Lehrmaterial an Konservatorien gefunden. Für Prag z.B. ist belegt, dass das erste Allegro des Konzerts zweimal, am 27. Februar 1818 durch Franz Zelenka, und am 16. März 1821 durch Franz Paur, in den Konzerten der Zöglinge des Prager Konservatoriums der Öffentlichkeit präsentiert wurde.[11]

Bert Hagels

[1] Vgl. Klusen, op. cit., S. 91-93.

[2] Vgl. Klusen, op. cit., S. 92.

[3] Dieter Klöcker hat noch Vorbereitungen getroffen, das Werk einzuspielen; dazu kam es leider nicht, weil Klöcker am 21. Mai 2011 im Alter von 75 Jahren verstarb. Herausgeber und Verlag haben entschieden, die Neuausgabe dieses Werkes dem Andenken Dieter Klöckers zu widmen.

[4] Vgl. „Intelligenz-Blatt No. IV.“ (April 1815), Beilage zu: AmZ XVII (1815), No.  17, 26. April 1815, Sp. [13]; dort angezeigt als erschienen: „Von Michael [d.i.: 29.09.] 1814 bis Ostern 1815“.

[5] Vgl. Allgemeines Bücher=Verzeichnis usw. Ostern 1816, Leipzig 1816, S. 225.

[6] „[Rezension:] Concerto pour la Clarinette avec accomp. de l’Orchestre, comp. par J. W. Wilms. Oeuvr. 40. à Leipzig, chez Breitkopf et Härtel. (Pr. 2 Thlr.)“, in: AmZ XVIII (1816), No.23, 05.06.1816, Sp. 392.

[7] Nachgewiesen ist lediglich eine heute verschollene „Concertante voor twee Klarinetten“, die zum ersten Mal am 11. Januar 1828 mit Christiani und Kleine als Solisten in einem Konzert von Felix Meritis erklang; vgl. Klusen op. cit., S. 92.

[8] „Amsterdam. Uebersicht vom October 1815, bis May 1816“, in: AmZ XVIII (1816), No. 27, 03.07.1816, Sp. 449-457; hier Sp. 454.

[9] „Amsterdam“, in: AmZ XIX (1817), No. 30, 23.07.1817, Sp. 509-514; hier Sp. 513; der Verfasser dieses Berichts ist jedenfalls derselbe wie der letztjährige in der AmZ, also wahrscheinlich wieder Wilms selbst; der Verfasser nimmt am Beginn seines Artikels Bezug auf seinen letztjährigen Beitrag.

[10] „’s Gravenhage – over de koncerten in den winter van 1817-18“, in: Amphion I (1818), III. stuk, suppl., S. 207-214.

[11] Laut in der Bibliothek des Konservatoriums befindlichen gedruckten Konzertplakaten; nach freundlicher Mitteilung von Herrn Dr. Ernst A. Klusen.

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